Tobias, mein Name. Ich bin seit einigen Jahren in der IT-Branche beschäftigt. 2016 das wird mein Jahr. Nicht nur, dass ich dieses Jahr 30 Jahre alt werde, nein ich mache mich auch selbständig. Warum? Die Arbeit bereitet mir sehr viel Freude und ich kann mich auch gut selbst motivieren. Tagtäglich neue Dinge zu lernen ist für mich eine schöne Herausforderung. Ich liebe Herausforderungen.

Am liebsten würde ich sofort loslegen. Ganz bewusst nehme ich mir aber eine Auszeit. Während meiner  Existenzgründungsphase führe ich viele interessante Gespräche, sammle Informationen und stelle dabei fest, wie wichtig doch das Thema Finanzen ist. OK, dann mal los.

Die erste Frage die ich mir stelle: Wie viel Geld benötige ich eigentlich um meinen Lebensunterhalt zu sichern? Ich werfe einen Blick auf meine Kontoauszüge und notiere. Nach kurzer Zeit bin ich überrascht, was da alles so an Ausgaben anfällt. Ich sortiere, ich gruppiere und dann entwickle ich mir eine übersichtliche Tabelle, die ich lesen und erklären kann. Die Werte in meiner Tabelle rechne ich auf einen Monat um. Warum? Lebensmittel kaufe ich mir täglich, ein Smartphone aber nur alle 2 Jahre. Ich muss lernen zu schätzen und Annahmen zu treffen. Die gut gemeinten Ratschläge meiner Gesprächspartner helfen mir dabei. Ich nehme Sie mir zu Herzen. Was bedeutet, dass ich Risiken berücksichtige und ich vorsichtig agiere.

Wow, hätte ich das vorher mal gewusst, hätte mir diese Übersicht im Privatleben „einigen Kummer“ erspart. So schwer ist das ja alles gar nicht. Und „negative Überraschungen“ – nein, die soll es bei mir nicht geben. Bspw. berücksichtige ich in meiner Tabelle auch Einkommenssteuervorauszahlungen und nicht cash-wirksame Aufwendungen für Abschreibungen von Großanschaffungen, wie bspw. das KFZ, das Mobiliar oder meinen Laptop. Schließlich muss ich nach Ende der Nutzungsdauer in der Lage sein Ersatz zu beschaffen. Rücklagen müssen also gebildet werden.

Ich stelle mir die Frage, ob sich auch Kosten der Haushaltsführung dem Betrieb zuordnen lassen? Jetzt erinnere ich mich an das nette Gespräch mit Horst. Horst aus unserem Nachbarschaftsort kennt sich mit solchen Dingen aus. Viele Jahre ist er schon selbständig. Danke Horst für die vielen Tipps. Bspw. lässt sich ein großer Anteil meiner monatlichen Festnetz- und Internetgebühren dem Betrieb zuordnen. Meinen Kunden möchte ich auch „guten Kaffee und Plätzchen“ anbieten. Einen Arbeitsbereich, ja – den benötige ich auch.

Die Tabelle nimmt allmählich Form an. Die Ausgaben (privat und beruflich) hacke ich erst mal ab und widme mich nun dem angenehmen Teil – meinen zukünftigen Einnahmen. Im Wesentlichen erwirtschafte ich meine Einnahmen mit meinem erworbenen Wissen und Fähigkeiten. Ich bin Dienstleister und ein Warenverkauf findet i.d.R. nicht statt. Ich nehme es als gegeben hin, dass ich als Einzelunternehmer die großen Online-Handel Portale preislich nicht unterbieten kann. Entscheidend ist also mein Angebot an Dienstleistungen.

Und wieder kommen mir die Vorgespräche zugute. Unglaublich, wie viele Selbständige Ihre eigene Arbeitszeit zu optimistisch einschätzen. Nicht selten werden bei der Kalkulation der eigenen Stundensätze Leerkapazitäten, Urlaubs- und Krankheitstage nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Ich lerne auch die Unterscheidung von fixen und variablen Kosten kennen. Zusätzlich jetzt noch ein Risikoaufschlag, nicht jeder Kunde sitzt direkt vor meiner Haustür und so mancher Kunde erfordert mehr Vorarbeit als der andere. Fertig!

Ich kenne jetzt meine geplanten Aufwendungen und Einnahmen. Der sich daraus ergebende Gewinn ist dann meine Umsatzrendite.

Aber Vorsicht! Gewinn bedeutet nicht gleich Geldeinnahme. Aus diesem Grund plane ich meinen „Cash“, also meinen Kassen- und Bankbestand. Über wie viele liquide Mittel verfüge ich heute? Wie entwickeln sich meine liquiden Mittel zukünftig? Benötige ich Fremdkapital, also einen Kredit von meiner Bank? Bei der Liquiditätsplanung muss ich auch berücksichtigen, dass verschiedene Kostenbestandteile (bspw. meine KFZ-Steuer) nur 1x jährlich anfällt. Bei mir ist das immer der Juli, also muss ich zu diesem Zeitpunkt über genügend liquide Mittel auf meinen Bankkonten verfügen.

Und eins darf ich auf gar keinen Fall vergessen: Meine erste Steuerzahlung wird erst mit Abgabe meines ersten Einkommenssteuerbescheides fällig. Gebe ich also meine Steuererklärung im Mai 2017 für 2016 ab zahle ich voraussichtlich im Juni 2017 meine gesamte Einkommenssteuer für die ersten 12 Monate meiner Selbständigkeit. Gleichzeitig erhalte ich vom Finanzamt einen Bescheid über meine zukünftige quartärliche Einkommenssteuervorauszahlung. Zu diesem Zeitpunkt ist mein zweites Geschäftsjahr fast schon zu Ende. Es ist nicht einfach alles dies korrekt zu berücksichtigen. So manch einem ist die Methodik der Einkommenssteuerzahlungen nicht geläufig. Als Arbeitnehmer hatte ich damit nichts zu tun. Mein damaliger Arbeitgeber hat das für mich übernommen und monatlich meine Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt.

Jetzt bin ich aber für mich selber verantwortlich.

Genug für heute. Und Morgen, ja morgen – da nehme ich mir Zeit für meine Freundin und wir treffen uns mit einem befreundeten Pärchen. Gute Nacht

Danke Tobias für Deine Geschichte. Bitte beachten Sie, dass nicht alle Aspekte berücksichtigt werden können. Am 03. März erscheint ein neuer Bloq in dieser Rubrik. Bis dahin freue ich mich auf Ihre Reaktion, auf Ihr Feedback.

Wenn Sie eine der folgenden Aussagen mit „Nein“ beantworten, überwiegen die Risiken einer erfolgreichen Existenzgründung:

Ich habe „vorgesorgt“ und kann meinen Lebensunterhalt für einen gewissen Zeitraum selber bestreiten.

Ich kenne meinen Kapitalbedarf

Ich weiß wie viel Geld ich zu welchem Zeitpunkt benötige

Das Thema „Finanzen“ wird bei der Existenzgründung meist vernachlässigt. Es wird oftmals als „notwendiges Übel“ betrachtet.

Ich wünsche mir, dass Sie sich dem Thema annehmen.