Warum stelle ich diese Frage?

Geschäftsinhaber (Unternehmer) und Anteilseigner (Unternehmer und Privatleute) können diese Frage oftmals nicht bzw. nicht richtig beantworten.

Zu komplex und kompliziert (in Teilen so gewollt) erscheinen Modelle für die Berechnung eines Unternehmenswertes.

Doch dabei sollte jeder Unternehmer seinen Unternehmenswert kennen, wird ihm doch ständig suggeriert er müsse diesen stetig steigern um am Markt bestehen zu können.

Wenn ich meinen Unternehmenswert jedoch nicht kenne und nicht weiß wie ich diesen berechne, bin ich auch nicht in der Lage diesen nachhaltig steigern zu können.

Wir stellen uns nun einen Unternehmer vor. Einen Unternehmer, der sich genau diesem Thema widmet.

In 3 Schritten berechnen wir gemeinsam den Wert seines Unternehmens. Bitte bedenken Sie, dass es sich hierbei um eine stark vereinfachte Darstellung handelt, da nicht alle Aspekte der Unternehmensbewertung berücksichtigt werden können. Mir geht es darum, dass wir gemeinsam die Grundzüge verstehen. Beginnen wir nun mit Schritt 1.

Schritt 1:

Berechnung des Buchwertes

Jedes Unternehmen hat Vermögen. Da wäre der betrieblich genutzte PKW, die IT-Ausstattung, die Büromöbel. Diese über mehrere Jahre betrieblich genutzten Vermögensgegenstände werden abgeschrieben, da Sie Jahr für Jahr an Wert verlieren. Dieses Vermögen nennt der Unternehmer: Anlagevermögen.

Es gibt noch ein zweites Vermögen, das Umlaufvermögen. Der Kassen- und Bankbestand gehört bspw. zum Umlaufvermögen. Aber auch die Warenvorräte und die Rechnungen, welche von Kunden zum Zeitpunkt der Bewertung noch nicht bezahlt wurden.

Wir stellen uns nun die entscheidende Frage, wie dieses Vermögen (Anlage- und Umlaufvermögen) finanziert wurde. Fast jedes Unternehmen hat Schulden. Das betriebliche Vermögen wird also in Teilen fremdfinanziert. Durch wen?

Zum einen durch die Banken, welche dem Unternehmen Bankdarlehen oder Kontokorrentkredite gewähren.

Aber auch die Lieferanten gewähren den Unternehmen Zahlungsziele, womit auch in diesen Fällen eine Schuld (meist eine kurzfristige) entsteht.

Unserem Personal gegenüber haben wir auch Schulden. Was könnte das sein?

– Der vom Mitarbeiter noch nicht genommene Resturlaub

– Die vom Unternehmer noch nicht ausbezahlten Überstunden

– Die Beteiligung des Unternehmens an die betriebliche Altersversorgung seiner Arbeitnehmer

In der Bilanz (BWA = betriebswirtschaftliche Auswertung) nennen wir dies: Rückstellungen. Rückstellungen zählen zum Fremdkapital.

Zieht man nun von dem Wert des Vermögens den Wert der Schulden ab ergibt sich daraus der in Schritt 1 zu ermittelnde Buchwert. Der Buchwert wird auch als „Eigenkapital“ bezeichnet.

Schritt 2: Aufdeckung von sogenannten bilanziellen stillen Reserven

Wenn wir den Unternehmenswert berechnen wollen benötigen wir die Marktwerte. Wir müssen wissen, dass die Ermittlung des Vermögens in der Bilanz nicht immer zu Marktwerten erfolgen kann. In den nationalen Rechnungslegungsvorschriften (Handelsgesetzbuch und unsere nationalen Steuergesetze) gilt das Vorsichtsprinzip was bedeutet, dass sich der Unternehmer ärmer rechnet als er in Wirklichkeit ist.

Hierzu ein einfaches Beispiel: Wir alle wissen, dass Grundstücke, Oldtimer, Kunstgegenstände und Finanzanlagen vom Wert her tendenziell steigen. Das Handelsgesetzbuch sowie die Steuergesetze verbieten es den Unternehmen diese Wertsteigerungen in Ihrer BWA/Bilanz zu zeigen. Kauft der Unternehmer ein Grundstück für 100.000 ist dies lt. nationaler Rechnungslegungsvorschrift die Obergrenze für die Bewertung. Der Unterschied zwischen Markt- und Buchwert ist die „stille Reserve“ die wir gesucht haben. Auch bei der Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften werden „stille Reserven“ gebildet. Wir sparen uns an dieser Stelle nähere Erläuterungen hierzu.

Bei der Ermittlung der Schulden verhält sich das nationale wie auch das internationale Gesetz entgegengesetzt. Ist eine Schuld höher als Ihr aktueller Wert in der BWA/Bilanz muss der höhere Wert in Ansatz gebracht werden. Oftmals finden sich in einer Bilanz auch Rückstellungen, welche in Ihrer Höhe nach nicht in Anspruch genommen werden und zu einem späteren Verlauf wieder aufgelöst werden. Als Beispiel hierzu möchte ich Ihnen die Garantierückstellungen nennen. Der Unternehmer wird versuchen möglichst hohe Beträge in den Rückstellungen einzustellen. Schließlich mindert er mit diesem Instrument seine Steuerlast. Somit kann es also durchaus vorkommen, dass sich bei der Bewertung der Schulden ein geringerer Betrag ergibt als der in der Bilanz aktuell ausgewiesene. Bitte beachten Sie den Interessenkonflikt zwischen nationalen und internationalen Rechnungslegungsvorschriften, auf welchen ich in der Märzausgabe hingewiesen habe.

Schritt 3:

Aufdeckung von Unternehmenswerten, die ein Unternehmen in der Bilanz (BWA) überhaupt nicht sieht

Dieser Punkt ist entscheidend für die Berechnung des Unternehmenswertes. Wir müssen uns nun die Frage stellen welche Werte der Unternehmer in seiner BWA/Bilanz nicht sieht? Oder andersherum gefragt: Welche Werte darf der Unternehmer in seiner Bilanz nicht zeigen, welche trotzdem einen nicht unerheblichen Wert darstellen?

Hierzu ein Beispiel: Das Unternehmen Coca Cola hat sich eine eigene Marke erschaffen. Mit einer eigen erschaffenen Marke verbindet ein Kunde Qualität, Vertrauen, Design etc. Dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen. In der Praxis finden Sie viele Beispiele von Unternehmenserwerben, wo Käufer bereit sind ein „Vielfaches“ des in Schritt 2 ermittelnden Wertes zu zahlen.

Und damit noch nicht genug: Auch Kundenbeziehungen, ihr hoch motiviertes Fachpersonal, Ihr Know-How, ihr Ansehen stellen nicht unerhebliche Marktwerte dar, welche in eine Unternehmensbewertung zwingend mit einfließen müssen. Dieser Punkt wird insbesondere von Familienunternehmen meist unterschätzt.

Aber wie definiere ich einen Wert für die vorgenannten Punkte? Die Antwort erscheint zunächst nicht einfach. Werfen wir jedoch einen Blick auf den Kapitalmarkt so können wir feststellen: Je besser die Zukunftsaussichten (bspw. das zu erwartende Umsatz- und Ertragspotential) desto höher der Wert.

Stagnierende Umsätze und/oder Gewinne können ein Risiko darstellen.

Rückläufige Umsätze und/oder Gewinne können sogar dazu führen, dass sich der Unternehmenswert unterhalb des in Schritt 2 ermittelnden Wertes bewegt. Die Unterschiedswerte zwischen Markt- und Buchwert können Sie bei kapitalmarktorientierten Unternehmen an der Börse täglich verfolgen. Wenn Sie ein Unternehmen kennen was Ihrem Geschäftsmodell ähnelt (bspw. ein Wettbewerber in Ihrer Branche) haben Sie die Möglichkeit zu erfahren wie der Markt bspw. die Branche im Allgemeinen bewertet. Diese Informationen können sehr aufschlussreich sein.

Ein aktuelles Praxisbeispiel:

Welches bekannte Unternehmen wird aktuell vom Markt mit einem sehr hohen Kurs-Buchwert Verhältniss ausgestattet? Kurs = Marktwert des Unternehmens, die Börse spricht von der Marktkapitalisierung Die Antwort: Tesla Motors Grund: Unternehmensgründer ist ein Visionär! (ähnlich Steve Jobs bei Apple) Elektroautos und selbstfahrenden Autos gehört die Zukunft! Enorm hohe Investitionsbereitschaft! Der Markt honoriert aktuell diese Eigenschaften

Welches bekannte Unternehmen der gleichen Branche wird vom Markt weitaus schlechter bewertet? VW Grund: hohe finanzielle Risiken, Imageschaden

Wichtiger Hinweis: Die Börse handelt die Zukunft. Bewertungen von heute können morgen ganz anders aussehen. Positives Beispiel aus dem DAX: Adidas wurde im II. Halbjahr 2014 von der Börse hart abgestraft. Heute (ca.: 1,5 Jahre später) notiert der Kurs fast doppelt so hoch. Adidas hat sogar ein neues „All-Time High“ erreicht.

Vielen Dank das Sie sich die Zeit genommen haben

Ich freue mich schon jetzt auf die nächste Ausgabe